Professionell und empathisch „Nein“ sagen
 
Liebe Leserin, lieber Leser,

wer kennt das nicht? Der Kollege oder die Chefin kommen auf einen zu und bitten um einen Gefallen. „Kannst Du nicht noch eben schnell ...!“ „Ich habe da mal eine Frage ...“

Erfahren Sie im heutigen Führungsimpuls wie Sie es schaffen, eine Bitte von anderen professionell und empathisch abzulehnen.


Viele Führungskräfte in ambulanten Pflegeunternehmen nehmen Arbeit mit nach Hause, weil sie tagsüber kaum Zeit finden, in Ruhe über etwas nachzudenken. Ständig klingelt das Telefon, Mitarbeitende wollen Fragen klären oder Lösungen für ihre Probleme. Die obere Etage erwartet die Auswertung der Zahlen innerhalb von wenigen Stunden oder kommen mit einem neuen Projekt um die Ecke, das unbedingt übernommen werden muss.

Wenn Sie immer „ja“ sagen, dann ist alles, was Sie bisher für diesen Tag geplant hatten, zurückgestellt. Sie nehmen die Anliegen anderer wichtiger als sich selbst. Langfristig kann dieses Verhalten zu Unzufriedenheit, Überlastung und Stress führen.

Annett Urban hat zu unserem Thema heute diese Frage mitgebracht ...
   
 
 
 
   
Klicken Sie hier, um sich diese Folge als Audiodatei anzuhören!
   
 
 
 
   
Urban
   
   
Annett Urban,
Chefredakteurin „pdl.konkret ambulant“, fragt für Sie:
   
   
   
 
Hallo liebe Claudia,

ich bin es Annett, von „pdl.konkret ambulant“. Als ich meine Karriere in der Pflegebranche begann, konnte ich recht schnell Verantwortung übernehmen. Innerhalb eines Jahres hatte ich die Leitung eines ambulanten Pflegedienstes inne. Mein Engagement war groß; Überstunden waren für mich alltäglich.

Allerdings wurde mir bald klar, dass mein Privatleben stark unter dieser Belastung litt. Um einmal genau zu wissen, wie die Überstunden zustande kommen, führte ich zwei Wochen lang ein Zeittagebuch.

Die Analyse offenbarte, dass vor allem die häufigen Anfragen meiner Mitarbeiter meine Zeit stark beanspruchten, da ich immer bereit war, mir die Nöte meiner Mitarbeiter zu jeder Zeit anzuhören oder einzuspringen, wenn ein Mitarbeiter frei haben wollte.

Als ich diese Erkenntnis mit meinem Mann teilte, erhielt ich nicht das erwartete Mitgefühl. Stattdessen machte er mich darauf aufmerksam, dass ich selbst einen Teil der Verantwortung trage, da ich es meinen Mitarbeitern zu einfach mache, meine Hilfsbereitschaft auszunutzen.

Dieser Gedanke ärgerte mich zunächst, doch letztlich war es ein Weckruf. Ich begann, das Wort „Nein“ in meinen Wortschatz aufzunehmen.

Anfangs viel es mir schwer „Nein“ zu sagen, doch mit der Zeit wurde es immer einfacher Grenzen zu setzen – sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich.

Auch viele PDLer sagen häufig Ja, obwohl sie eigentlich Nein sagen möchten. Daher wäre es fantastisch, wenn Du uns heute einige Strategien an die Hand geben könntest, wie auch notorische Ja-Sager lernen können, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen.

Herzliche Grüße und ich bin gespannt auf Deine Tipps,

Deine Annett
 
 
 
 
 
 
   
Urban
   
   
Claudia Henrichs,
Kommunikationsexpertin für die Pflege, antwortet:
   
   
   
 
Was hindert uns daran „nein“ zu sagen?
 
Liebe Annett,

wir haben Angst vor Ablehnung. Wir fürchten, dass wir nicht mehr gemocht oder geschätzt werden, wenn wir es ablehnen, alles stehen und liegen zu lassen, um uns dem Anliegen anderer zu widmen.

Folgende blockierende Gedanken spielen dabei eine Rolle:

Wenn ich „nein“ sage
bin schuld, dass der andere enttäuscht, verärgert oder verletzt ist.
Das kann ich nicht ertragen!
bin ich herzlos und egoistisch.
Das möchte ich nicht sein.
wird der andere mich beschuldigen oder aggressiv reagieren.
Ich kann mich dann nicht wehren und will diesen Konflikt nicht!
verliere ich die Stelle, meinen Partner, meine Freundin usw.
Davor habe ich Angst!
bin ich nicht so, wie es andere von mir erwarten und sie werden mich dann ablehnen.
Das kann ich nicht ertragen!
 
   

– Anzeige – 

DurchblickPflege
DIE NEUE Art der Wissensvermittlung - speziell für Pflege­kräfte und Pflege­assistenten!
  • Deutschlands brandneues Magazin für eine leicht verständliche Wissens­vermittlung, die Spaß macht!
  • Speziell auf die Bedürf­nisse und Kompetenzen von Pflege­kräften und Pflege­assistenten zuge­schnitten.
  • Mit Infografiken, Übersichten, Schaubildern, Checklisten.
» GRATIS-Ausgabe hier anfordern!
GRATIS für Sie!
   
 
Es hat auch Vorteile, nicht „Nein“ sagen zu können
 
Dann sind die anderen schuld, wenn es mir nicht gut geht.
Dann werde ich eher gemocht.
Dann kann ich mich als guten, selbstlosen Menschen sehen.
Dann gehe ich Konflikten aus dem Weg.
Dann vermeide ich Schuldgefühle, die ich bekäme, wenn ich mich durchsetzen würde.
Dann habe ich ein gutes Gefühl, wenn der Laden rund läuft.

Es geht also nicht darum, immer „Nein“ oder immer „Ja“ zu sagen. Oft hilft es, in der jeweiligen Situation abzuwägen, ob es zieldienlicher ist, einem Anliegen von anderen nachzugeben oder die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen.

WICHTIG: Wenn Sie für andere da sein wollen, dann müssen Sie dafür sorgen, dass es Ihnen gut geht!
 
Gedanken, die „nein“ sagen erleichtern
 
Um nicht in den blockierenden Gedankenwelten hängenzubleiben, helfen hilfreiche Gedanken, die Abwägung leichter zu machen.

Blockierender Gedanke:
Wenn ich „nein“ sage, bin schuld, dass der andere enttäuscht, verärgert oder verletzt ist. Das kann ich nicht ertragen!
Hilfreicher Gedanke:

Wenn mein Gegenüber negative Gefühle verspüren sollte, dann ist er selbst für diese verantwortlich. Er könnte meine Argumente auch einsehen oder akzeptieren. Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass es dem anderen gut geht. Ich kann ertragen, wenn er auch mal sauer auf mich ist.

Blockierender Gedanke:
Wenn ich „nein“ sage, bin ich herzlos und egoistisch. Das möchte ich nicht sein.
Hilfreicher Gedanke:
Wenn ich auch einmal meine Bedürfnisse in den Vordergrund stelle, werde ich nicht automatisch zu einem egoistischen Menschen.

Blockierender Gedanke:
Wenn ich „nein“ sage, wird der andere mich beschuldigen oder aggressiv reagieren. Ich kann mich dann nicht wehren!
Hilfreicher Gedanke:
Ich weiß nicht, wie der andere reagieren wird. Ich kann meine Ablehnung ruhig äußern und begründen. Wenn mein Gegenüber unsachlich oder heftig wird, kann ich das Gespräch abbrechen.

Blockierender Gedanke:
Wenn ich „nein“ sage, verliere ich die Stelle, meinen Partner, meine Freundin usw. Davor habe ich Angst!
Hilfreicher Gedanke:
Ich kann nicht hellsehen, was passieren wird. Wahrscheinlich übertreibe ich ein wenig. So leicht verliert man seine Stelle, seinen Partner oder die Freunde nicht.

Blockierender Gedanke:
Wenn ich „nein“ sage, bin ich nicht so, wie es andere von mir erwarten und sie werden mich dann ablehnen. Das kann ich nicht ertragen!
Hilfreicher Gedanke:
Ich weiß nicht, ob ich abgelehnt werde. Wenn man mich nur mag, wenn ich das tue, was anderen in den Kram passt, dann ist mir der Preis auf Dauer zu hoch. Ich kann ertragen, wenn ich nicht bei allen beliebt bin.
 
   

– Anzeige – 

Sichern Sie sich Ihren GRATIS-Download

Der Spezialreport „So gehen Sie mit Ihren Auszubildenden während der Probezeit um“ klärt alle Fragen rund um die ersten 6 Monate des Azubis.

Hier gratis anfordern!
GRATIS für Sie!
   
 
So können Sie eine Ablehnung professionell und empathisch formulieren
 
Die Kurzformel lautet:

Positive Antwort + Ablehnung + alternative Lösung

Beispiele:

„Schön, dass Du mich fragst. gerne möchte ich mit Dir darüber reden, wenn meine To-Do-Liste für heute nicht so voll wäre. Können wir morgen direkt nach Deiner Tour darüber sprechen. Dann nehme ich mir Zeit für Dich!“

„Das ist wirklich ein interessanter Auftrag! Im Moment muss ich mich voll darauf konzentrieren, dass die Abrechnung fristgerecht fertig wird. Können wir nächste Woche noch einmal über das neue Thema sprechen?“

„Das ist wirklich eine spannende Aufgabe. Für heute habe ich noch xyz geplant. Sagen Sie mir, was ich davon streichen soll, um mich mit der neuen Aufgabe beschäftigen zu können!“


Ich hoffe, auch mein heutiger Führungsimpuls hat Ihnen gefallen. Schreiben Sie mir gerne, welche Erfahrungen Sie bei der Umsetzung gemacht haben. Haben Sie konkrete Führungsthemen, die ich in einer der nächsten Folgen für Sie aufbereiten soll? Sehr gerne! Schreiben Sie mir unter fuehrungsimpulse@ppm-online.org. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!

Herzliche Grüße,
Ihre Claudia Henrichs

PS: Sie haben unsere ersten Folgen verpasst? Kein Problem auf www.pdl-konkret.de/Fuehrungsimpulse finden Sie alle bislang erschienenen Folgen von „Führungsimpulse“ zum Nachlesen und Nachhören.

PPS: Dieses Zitat zum heutigen Thema habe ich für Sie mitgebracht:
 
Zitat der Woche
„Wenn Sie für andere da sein wollen, dann müssen Sie dafür sorgen, dass es Ihnen gut geht!“

Gunther Schmidt, Volkswirt, Leiter des Milton-Erickson-Instituts in Heidelberg und Mitbegründer der sysTelios Klinik