Wenn im Team der Haussegen schief hängt!
 
Liebe Leserin, lieber Leser,

Konflikte, Reibungsverluste, Missstimmung im Team, Beschwerden und Lästern hinter dem Rücken Betroffener. Alles das kommt im ambulanten Pflegedienst vor.

Erfahren Sie im heutigen Führungsimpuls wie Sie mit der Methode „Konstruktives Schimpfen“ Ihr Team dazu bringen, besser zusammenzuarbeiten und Ideen zu finden, um Missstände zu beseitigen.


Mitarbeitende sind mit dem Dienst- Einsatz- oder Urlaubsplan unzufrieden. Die Leitungskräfte verstehen die Sorgen der Mitarbeitenden nicht. Die Organisation verhält sich wenig wertschätzend gegenüber den Pflegeteams. Über Kollegen und Kolleginnen wird hinter deren Rücken gelästert.

Das alles ist alltäglich. Das alles findet in jedem Unternehmen immer mal wieder, mehr oder weniger häufig statt. Reibungslose Zusammenarbeit und ausnahmslos zufriedene Mitarbeitende sind eher die Ausnahme als die Regel.

Als ich mitbekommen hatte, dass jedes Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitenden gemäß Hinweisgeberschutzgesetz/HinSchG (in Kraft seit Juli 2023) eine Meldestelle einrichten muss, war ich irritiert. Ich habe mich gefragt, ob Konflikte nicht bearbeitet werden können, bevor es eskaliert oder durch anonyme Hinweise Abhilfe geschaffen werden soll.

Bevor in Ihren Pflegeteams die Mitarbeitenden zu Whistleblowern werden, erzähle ich Ihnen heute und im nächsten Führungs-Impuls von zwei Methoden, mit denen Sie Konflikte und Unzufriedenheiten transparent machen und gemeinsam Lösungen erarbeiten können.

Annett Urban erzählt heute, wie sie damit umgeht, wenn sie und ihr Mann uneins sind. Sie gehen auf einen Schimpf-Spaziergang ...
   
 
 
 
   
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Urban
   
   
Annett Urban,
Chefredakteurin „pdl.konkret ambulant“, fragt für Sie:
   
   
   
 
Hallo, liebe Claudia,

ich habe wieder ein Anliegen; heute geht es um das Thema „Schimpfen“ und ich bin ehrlich: Auch wenn ich keine schlechte Laune habe oder negative Emotionen empfinde: Ich schimpfe gern vor mich hin; über die fehlende Sonne, die nicht schrumpfenden Leseberge oder über die Ampel, die nicht schnell genug auf grün umschaltet. Mir tut das schimpfen gut, denn wenn ich schimpfe hilft mir das beim Abreagieren von negativen Emotionen.

Doch ich schimpfe nicht nur für mich, sondern habe es mir auch zur Angewohnheit gemacht, mit meinen Mitmenschen zu schimpfen, ohne dass ich beleidigend werde oder jemanden zur Schnecke mache. Wenn z. B. mein Mann und ich unterschiedliche Ansichten hegen, sauer aufeinander oder uns uneins sind, klären wir das nicht durch Hasstiraden zu Hause, sondern schimpfen uns während eines Spaziergangs an. Nicht lautstark und auch nicht böse. Doch während wir so nebeneinander hergehen, fällt es einem viel leichter offen zu sprechen, über seine Gefühle, Empfindungen und den Unmut, den jeder von uns empfindet. Man muss sich dabei nicht anschauen, ist in Bewegung und wenn wir nach unserer „Runde“ wieder zu Hause sind, hat sich der Ärger meist gelegt, weil jeder weiß, was der andere denkt. Mir und meiner Familie tut diese Art des Dampfablassen ziemlich gut.

Vor einiger Zeit hast Du mir von einer ähnlichen Methode erzählt, die in Teams angewandt werden kann, um auf konstruktive Weise Unzufriedenheiten zu adressieren und das Teamgefühl zu stärken. Diese Idee hat mich sofort fasziniert, und ich brenne darauf, mehr darüber zu erfahren.

Könntest Du mir und unseren Lesern bitte mehr über diese Methode erzählen?

Mit herzlichen Grüßen und in großer Vorfreude auf Deine Antwort,

Deine Annett aus der PDL Redaktion
 
 
 
 
 
 
   
Urban
   
   
Claudia Henrichs,
Kommunikationsexpertin für die Pflege, antwortet:
   
   
   
 
Liebe Annett,

Du und Dein Mann praktizieren eine Methode, die auch prima im ambulanten Pflegedienst anwendbar ist.
 
Schicken Sie Ihre Mitarbeitenden auf Schimpf-Tour!
 
Die erste Methode heißt „Konstruktives Schimpfen“.

Kurz zusammengefasst besteht diese Methode darin, dass Ihr Pflegeteam in Zweiergruppen auf einen Spaziergang geht und die Paare sich erzählen, was sie stört. Anschließend werden im gesamten Team die Wünsche und Lösungen zusammengetragen.
 
   

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Schritt-für-Schritt Anleitung
 
Schritt 1: Gruppenbildung

Die Gruppe wird in Paare aufgeteilt. Lassen Sie Ihr Team möglichst die Paarbildung selbstständig durchführen. Geben Sie die Anweisung: „Sucht Euch eine Person, mit der ihr im Alltag nicht so viel zu tun habt!“

Falls es zu einem Konfliktthema bereits Untergruppen im Team gibt, dann nehmen Sie als PDL die Paarbildung vor. Die Paare bestehen dann idealerweise jeweils aus Vertretern unterschiedlicher Konfliktparteien.

Bei einer ungeraden Zahl an Teammitgliedern gibt es eine Dreiergruppe.

Schritt 2: Auftragserteilung

Der Auftrag für den Spaziergang lautet so:

„Ihr macht gleich einen kurzen Spaziergang von insgesamt 10 Minuten. Während ihr geht, spricht zuerst eine von Euch fünf Minuten lang darüber, was sie besonders ärgert, frustriert oder irritiert bei der Zusammenarbeit im Team, mit der Leitung oder den Arbeitsabläufen.

Nehmt kein Blatt vor den Mund. Redet euch die Dinge von der Seele. Wenn ihr dabei emotional werdet, gehört das dazu – aber werdet nicht verletzend.

Die andere Person unterbricht auf keinen Fall. Sie hört nur zu. Wer zuhört achtet auf die Zeit. Stellt am besten einen Timer auf dem Handy.

Nach fünf Minuten werden die Rollen gewechselt. Dabei geht ihr wieder in Richtung unseres Raums zurück.“


Geben Sie jedem Paar die Anleitung auf einem Papier mit auf den Spaziergang.

Schritt 3: Spaziergang

Schritt 4: Herausfiltern der Wünsche

Zurück im Raum, bleiben die Paare bestehen und stellen sich gegenseitig die Frage: „Was möchtest Du erreichen? Welches sind Deine zwei wichtigsten Wünsche?“

Die Antworten werden auf Notizzetteln festgehalten. Für diesen Schritt können Sie 5 – 7 Minuten einplanen.

Anschließend werden die Wünsche vom Spaziergang-Partner laut vorgelesen und die Notizzettel an eine Moderationswand geklebt.

Sie als PDL filtern mit dem gesamten Team heraus
welche Gemeinsamkeiten es gibt,
wie viele unterschiedliche Themen genannt wurden und
welche drei Themen die höchste Priorität haben

Schritt 5: Lösungsfindung

Erarbeiten Sie Lösungen für das wichtigste Thema möglichst noch im selben Meeting.

Lassen Sie in Gruppen oder mit allen im selben Raum Lösungen auf unterschiedliche Notizzettel (am besten eignen sich unterschiedlich farbige Pinkarten) schreiben.

Die Arbeitsfragen lauteten:
1. Was sollen andere tun, um den Wunsch Realität werden zu lassen?
2. Was will ich persönlich tun?

Die weiteren Themen können Sie auf den nächsten Dienstbesprechungen angehen oder Sie teilen die Themen Team-Gruppen zu, die bis zur nächsten Dienstbesprechung die beiden Arbeitsfragen beantworten.

Passen Sie die Frage aus Schritt 2 und die Art und Weise der Lösungsfindung an Ihre individuelle Situation an. In einem Podcast-Interview erzählte die Geschäftsführerin Nathalie Müller, wie sie Motz-Meetings nutzt, damit alle an der Entwicklung des Pflegedienstes teilhaben können.
 
   

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Mein Tipp
 
Wenn bei Ihnen im Team der Haussegen schief hängt, dann nutzen Sie eine komplette Dienstbesprechung für die Methode „Konstruktives Schimpfen!“.

Das systematische Dampfablassen macht die Luft rein. Keiner muss sich vorgeführt fühlen oder Angst vor Konsequenzen haben, weil Sie an Wünschen und nicht an Problemen arbeiten. Sie nutzen die Kompetenz des Teams, steigern dadurch die Selbstwirksamkeit und müssen nicht für jeden Konflikt alleine eine Lösung finden.

Ich wünsche Ihnen viel Mut und vor allem Erfolg beim Ausprobieren dieser Methode.

Im nächsten Führungs-Impuls geht es um die Methode „Lösungsfindungs-Analyse“ und ich beantworte Fragen, die beim Lesen (Hören) bestimmt auch durch Ihren Kopf gegangen sind.

Ich hoffe, auch mein heutiger Führungsimpuls hat Ihnen gefallen. Schreiben Sie mir gerne, welche Erfahrungen Sie bei der Umsetzung gemacht haben. Haben Sie konkrete Führungsthemen, die ich in einer der nächsten Folgen für Sie aufbereiten soll? Sehr gerne! Schreiben Sie mir unter fuehrungsimpulse@ppm-online.org. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!

Herzliche Grüße,
Ihre Claudia Henrichs

PS: Sie haben unsere ersten Folgen verpasst? Kein Problem auf www.pdl-konkret.de/Fuehrungsimpulse finden Sie alle bislang erschienenen Folgen von „Führungsimpulse“ zum Nachlesen und Nachhören.

PPS: Dieses Zitat zum heutigen Thema habe ich für Sie mitgebracht:
 
Zitat der Woche
„Der Mensch muss für alle menschlichen Konflikte eine Methode entwickeln, die Rache, Aggression und Vergeltung ablehnt. Die Grundlage einer solchen Methode ist Liebe.“

Martin Luther King jr.